Kernaussagen der Studien "Möglichkeiten und Grenzen umweltverträglicher Beschichtung" (Barnert) und "Die ökologischen Auswirkungen der Lösungsmittelverordnungen 1991 und 1995" (Vitovec, Puxbaum, Knienider, Schmidt)
Die Verminderung von bodennahem Ozon zum Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt ist sowohl national als auch international ein wichtiges umweltpolitisches Anliegen. Um diesem Ziel nachkommen zu können, sollen die Emissionen der Ozonvorläufersubstanzen, nämlich Stickstoffoxide und flüchtige organische Verbindungen (VOCs), reduziert werden.
In Bezug auf flüchtige organische Verbindungen wurde auf internationaler Ebene mit dem "Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigungen betreffend die Bekämpfung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen" bis 1999 eine 30-prozentige Reduktion dieser Substanzen vereinbart. Dabei werden Reduktionsszenarien für alle maßgeblich in Frage kommenden Sektoren anthropogener Quellen (ortsfest und mobil) aufgezeigt, wobei einer Verringerung des Einsatzes von Lösemitteln eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Dies spiegelt sich auch in den Bemühungen Europas wider, "Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen, die bei bestimmten Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei der Verwendung organischer Lösemittel entstehen (VOC–Richtlinie)", auf Gemeinschaftsebene zu begrenzen. Diese EU–Regelung sieht in einem sehr flexiblen Ansatz die Begrenzung der VOC-Emissionen durch produktbezogene oder anlagenbezogene Maßnahmen für die relevantesten Industriezweige – darunter auch alle Beschichtungs- und Klebeanwendungen - vor.
Unter Berücksichtigung eines angemessenen Kosten/Nutzen-Verhältnisses wird in diesem Bereich das Reduktionspotential auf 40 % geschätzt. Diesen internationalen akkordierten Bemühungen zur Eindämmung der anthropogenen Ozonbildung stehen in Österreich die ambitionierten Vorgaben des Ozongesetzes, mit einem 70-prozentigen Reduktionsziel bis zum Jahr 2006 gegenüber. Insbesondere ein Teilbereich potentieller Quellen für VOC–Emissionen, nämlich Lösemittel durch die Anwendung von Lacken, Klebstoffen, Holz- und Bautenschutzmittel, unterliegt den strikten Vorgaben der Lösungsmittel- und Lackieranlagenverordnung.
Dabei sollen die Lösemittelemissionen produktbezogen primär durch die Verwendung wasserbasierender Produkte oder anlagenbezogen durch Abscheidemaßnahmen unter Einhaltung von – im internationalen Vergleich – sehr strengen Emissionsgrenzwerten erzielt werden. In Anbetracht dieser Divergenz zwischen nationalen und internationalen Anforderungen wurden die Studien über die "Möglichkeiten und Grenzen umweltverträglicher Beschichtung" (Barnert) und "Die ökologischen Auswirkungen der Lösungsmittel- und Lackieranlagenverordnung" (Vitovec, Puxbaum, Knienider, Schmidt) in Auftrag gegeben, deren Kernaussagen nachfolgend zusammengefasst sind: Lösemittelemissionen
- Deutliche Reduktion der Lösemittelemissionen von 1990 - 1995
Die Bemühungen der betroffenen Hersteller zur Entwicklung umweltfreundlicher (= lösemittelarmer) Systeme für Lack-, Klebstoff, Holzschutzmittel- und Bautenschutzmittelanwendungen reflektiert sich in einer deutlichen Reduktion des Lösemittelanteils. Betrug der mittlere Lösemittelgehalt dieser Produkte 1990 noch etwa 39 %, so wurde dieser im Jahr 1995 auf 22 % verringert. Dies entspricht einer absoluten Abnahme der Lösemittelemissionen von 60.202 t im Jahr 1990 auf 37.280 t/1995.
- Anteil der Lösemittel mit der potentiell größten Gefährdung für den Menschen und die Umwelt wurden überproportional reduziert
Betrachtet man hierbei die relative Zusammensetzung der Lösemittel nach ihrer chemischen Zusammensetzung, so ergibt sich die größte Abnahme bei chlorierten Kohlenwasserstoffen, welche im Gegensatz zu 1990 (450 t) nur mehr in Restkonzentrationen bei Spezialanwendungen zum Einsatz gelangen (7 t 1995). Auch der relative Anteil an Aromaten (primär Toluol und Xylole; Benzol wurde 1995 nicht mehr als Lösungsmittel eingesetzt) konnte leicht reduziert werden (2 %), ebenso der Anteil an Azetaten (6 %). Demgegenüber steht eine relative Zunahme von aliphatischen Kohlenwasserstoffen (14 %).
- Derzeitiger Entwicklungsstand lässt für die Zukunft keine drastischen Emissionsminderungen erwarten
Prognosen für die nächsten Jahre lassen allerdings eine Fortsetzung dieser drastischen Verringerung von Lösemittelemissionen nicht mehr erwarten. Eine geringfügige Abnahme des mittleren Lösemittelgehalts der Produkte um 2 % zeigt deutlich die technischen Grenzen auf, die nach dem derzeitigen Entwicklungsstand für lösemittelarme Beschichtungs- und Klebstoffe möglich sind.
Auswirkungen auf die Ozonbildung
- Geringer Anteil an Gesamtemissionen
Der Anteil der Lösemittelemissionen aus Farben, Lacken, Klebstoffen, Holz- und Bautenschutzmittel gemessen an den vom Umweltbundesamt ausgewiesenen Gesamtemissionen für 1995 beträgt 9 % mit bzw. 13 % ohne Berücksichtigung natürlicher Quellen aus Land und Forstwirtschaft.
- Ozonbildungspotential deutlich geringer als bei anderen anthropogenen Quellen
Hinsichtlich der Umweltauswirkungen dieser Lösemittel als potentielle Ozonvorläufersubstanzen wird dieser ohnehin nur geringe Anteil weiter reduziert. Das mittlere Ozonbildungspotential der in diesem Produktbereich eingesetzten Lösungsmittel (27) ist nämlich deutlich geringer als die Ozonbildungspotentiale der Quellengruppen Verkehr (59), stationäre Verbrennung (69) und industrielle Prozesse (48). Dies berücksichtigend wurde - ohne Hinzurechnung natürlicher Quellen - ein Beitrag der untersuchten Produktgruppen zur Bildung bodennahem Ozons von lediglich 8 % ermittelt.
- Reduktion der VOC – Emissionen hat keinen Einfluss auf maximale Ozonwerte
Modellrechnungen für den Großraum Wien zeigen, dass selbst bei einer vollständigen Eindämmung der Lösemittelemissionen im Beschichtungs- und Klebstoffbereich – ohne die praktische Unmöglichkeit dieser Annahme zu berücksichtigen - keine Auswirkungen auf die Ozonwerte während sommerlichen Ozonperioden haben. Diesen Berechnungen zufolge ist die Ozonbildung bereits knapp außerhalb des Stadtgebiets Stickoxid-limitiert.
- Bei Immissionsmessungen keine typischen Lösemittelemissionen nachweisbar
Bei Immissionsmessungen konnten bisher keine den Lösemittelemissonen aus Lack-, Klebstoff-, Holzschutzmittel- und Bautenschutzmittelanwendungen zuordenbaren Substanzen nachgewiesen werden. Möglichkeiten und Grenzen umweltverträglicher Beschichtungen
- Weitgehende Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten zur Lösemittelreduktion mittels wasserbasierender Systeme
Der Entwicklungsstand heute entspricht weitgehend jenem, der bereits 1995 erreicht war. Bezüglich der Reduktion des Lösemittelanteils wasserbasierender Systeme werden keine wesentlichen Technologieschritte erwartet. Die derzeitigen Bemühungen der Hersteller von Beschichtungs- und Klebstoffen konzentrieren sich auf Verbesserungen der Produkteigenschaften. Die so erzielte höhere Kundenakzeptanz dieser Produkte und damit ein noch größeres Einsatzgebiet lassen bis zum Jahr 2000 nur mehr ein geringfügiges Substitutionspotential für Lösemittel erwarten.
- Wasserbasierende Systeme stoßen an technische Grenzen in bestimmten Anwendungsbereichen – Feststoffreiche Systeme als Alternative
Die Grenzen der wasserverdünnbaren Systeme wurden für Teilbereiche, insbesondere Autoreparaturlackierung, Metall- und Kunststoffbeschichtungen, Korrosionschutzbeschichtungen, biozidhältige Produkte, Schuhkleber, geortet. Die Hauptproblematik besteht dabei in der Verfügbarkeit von zumeist ausländischen Rohstoffen. Gerade in diesen Spezialbereichen wird die Entwicklung feststoffreicher Systeme (High Solids, Pulverbeschichtungen) als alternative Substitutionsmöglichkeit von Lösemitteln auf produktbezogener Ebene gesehen. Substantiell kann dies allerdings nur auf einer international harmonisierten Ebene geschehen. Dabei darf es keinesfalls zu einer Innovationshemmung durch einseitige Maßnahmen auf nationaler Ebene kommen, die zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, aber aus globaler Sicht keinen merkbaren Umweltnutzen nach sich ziehen.
Möglichkeiten und Grenzen umweltverträglicher Beschichtung
VOC-Auswirkung